Freitag, 3. September 2010

Cornelia Filter - Mein Gott ist jetzt Allah...

...und ich befolge seine Gesetze gern.
Eine Reportage über Konvertiten in Deutschland

Zunächst einmal ist es natürlich meine Schuld, dass ich mir den Klappentext nicht ordentlich durchgelesen habe und das Buch auf gut Glück aus der Bibliothek mitgenommen habe. Meine Erwartung einer wissenschaftlichen Herangehensweise revidierte ich dann bereits, als ich daheim mich doch dem Klappentext widmete. Nichts gegen Feminismus, tolle Sache, wichtig, aber einer Emma-Autorin traue ich bei dem Thema Islam keine großartigen Würfe zu, das mag mit Alice Schwarzer zusammenhängen, die früher vielleicht auch mal toll und wichtig war, aber in der Gegenwart eigentlich nur noch peinlich ist. Nun, mit nach unten korrigierten Erwartungen gehe ich also an die Lektüre. Es wird dann nicht ganz so schlimm, wie ich befürchtet habe, aber auch nicht besonders doll.

Schon im Vorwort macht Frau Filter klar, dass sie zu Beginn der Recherche eigentlich alle KonvertitInnen für IslamistInnen hält, nun, man kann das notfalls noch positiv drehen und ehrlich nennen. Kurz zusammengefasst, enthält das Buch Interviews mit Konvertitinnen verschiedener Konfessionen und Strömungen (dass es eigentlich fast nur um Frauen geht, hätte Frau Filter als Feministin ja auch mit einem -Innen im Titel deutlich machen können, oder?), dazu ein paar Basisinformationen über den Islam plus eine Menge nichtssagende Seitenfülltexte. Die größten Schnitzer, die das Buch meines Erachtens enthält sind folgende:

  1. Mangelnde Expertise

    Zwar hat die Autorin sich durchaus Mühe gegeben, sich in das Thema einzuarbeiten und zitiert ausgiebig aus 'Standardwerken' wie "Der Islam in der Gegenwart" oder "Muslime in Deutschland", um Basisinformationen über den Islam zu geben. Daraus kann man aber auch schließen, dass das Buch sich an ein wenig vorinformiertes Publikum richtet, und in dem Fall finde ich es nicht die beste Vorgehensweise, die Interviews weitgehend unkommentiert für sich stehen zu lassen, da hätte man doch mal jemanden mit mehr Ahnung als Co-Autor verpflichten können, der diverse Aussagen in ihren Kontext einordnen kann. Ganz besonders schmerzhaft wird es, wenn die offen vorurteilsbeladene Autorin auch noch die diffamierenden Behauptungen der islamophoben Szene nachplappert: Taqiyya, also sich zu verstellen, sei dem Muslim erlaubt, wenn es dem Islam dient (S.243). Das tut mir ja fast schon körperlich weh.

  2. Tendenziöse Interviews

    Na klar, sie ist Feministin, aber das Buch erhebt den Anspruch, eine Reportage über Konvertiten in Deutschland zu sein, und nicht eine Reportage über Konvertitinnen, Feminismus im Islam und die leidige Kopftuchfrage. Es ist dann aber letzteres. Die Interviews hangeln sich vorwiegend daran entlang, wie eine Frau denn bloß zum Islam übertreten könne (da könne ja nur ein dominanter muslimischer Ehemann dahinterstecken), und dann auch noch das Kopftuch tragen (scheinbar das stoffgewordene Symbol für alles, was Frauen Schlechtes auf der Welt passiert). Kommt eine Frau mal frei ins Reden, wird sie gleich wieder unterbrochen und auf den nächsten Punkt des Fragebogens geschubst, den Frau Filter im Kopf abzuhaken scheint, meist das genaue Datum der Konversion, als wenn das wann wichtiger wäre als das warum.

  3. Stil: Setzen, Sechs.

    Also ehrlich, wenn ich ein Buch parallel mit der dazugehörenden Recherche schreibe, dann lese ich da am Ende doch nochmal drüber. Gefühlte siebenunddreißig Passagen über die Abfahrts- und Ankunftszeiten von Zügen und anderes, was offenbar aus Langeweile während irgendeiner Wartezeit im Laptop verewigt wurde, das flöge dabei dann ganz sicher wieder raus. Nicht so bei Frau Filter. Aber dafür können Sie am Ende die Zugabfahrtszeiten im Bielefelder Bahnhof auswendig!

Ein Fazit ziehend, würde ich sagen, dass das Buch mehr über die Schwierigkeiten von Feministinnen mit dem Islam aussagt, als es das Wissen um KonvertitInnen in Deutschland vermehrt. Zwei Sterne gibt es trotzdem noch, einen für die ansatzweise vorhandene Fähigkeit von Frau Pieper, eigene Vorurteile zu hinterfragen (aber auch nur manchmal), und einen für die Interviews, die eigentlich ganz interessant sind, und bestimmt noch viel interessanter wären, wenn man den Leuten nur mal die Chance gegeben hätte, in Ruhe zu erzählen, ohne sie unterbrechend in eine bestimmte Richtung zu schubsen.

Zwei Sterne

Taxi, Taxi VI

Im Gegensatz zu dem Taxifahrer, der mich am gleichen Tag beförderte, mir für einen Weg, der fünfzehn Pfund gekostet hätte, fünfzig abknöpfte und auf meine Forderung nach mehr Wechselgeld pampig wurde (ich bin dann einfach ausgestiegen, für umgerechnet vielleicht fünfzig Eurocent kann er mir mal den Buckel runterrutschen), hatte dieser hier immerhin eine Geschichte parat.

Da er sehr schnell und sehr umgangssprachlich redete, kann ich nicht alles hundertprozentig rekonstruieren, aber die Quintessenz konnte ich herauskristallisieren. Der gute Mann hat eine Tochter, aber die ist krank und muss operiert werden. Irgendetwas im Bereich des Oberkörpers, er gestikulierte und deutete eventuell an, dass sie ihr quasi dem ganzen Oberkörper aufgeschnitten hätten. Ich war dann aber auch ganz froh, als seine Hände nach dieser Gebärdensprachen-Aktion wieder ihren Weg ans Lenkrad fanden. Außerdem hörte ich das Wort Feuer. Vielleicht hat sie sich den Oberkörper auch verbrannt? ich habe keine Ahnung, jedenfalls geht es ihr nicht gut. Und der Vater muss natürlich stets teure, teure Medikamente kaufen. Und das Krankenhaus bezahlen. Ach oh weh. Mir ist schon klar, was er erreichen will, ein dickes Trinkgeld, ob er überhaupt eine Tochter hat, und falls ja, ob die tatsächlich krank ist, ist überaus fraglich. Aber da er soviel Mühe aufgewendet hat, mir diese Geschichte halb sprachlich, halb gestikulierend zu erzählen, und mir stets Gottes Segen wünschte, nachdem ich seiner Tochter alles Gute gewünscht hatte, will ich mal nicht so sein. Ich runde die Bezahlung - meines Erachtens - großzügig auf. Aber er fragt nochmal nach, ob da nicht noch was geht, schließlich geht es der Tochter so schlecht... na gut, lieber lasse ich mich mit einer dramatischen Geschichte übers Ohr hauen, als mit schlichter Unfreundlichkeit, und so bekommt er für seine 70 SP - Fahrt schließlich beinahe das doppelte.

Und falls es diese Tochter tatsächlich gibt, sei ihr auch an dieser Stelle alles Gute gewünscht!

Taxi, Taxi VII
Taxi, Taxi V
Taxi, Taxi IV
Taxi, Taxi III
Taxi, Taxi II
Taxi, Taxi

Taxi, Taxi V

Und dann war da noch der etwas exhibitionistisch veranlagte Taxifahrer, von dem ich glücklicherweise nur über zwei Ecken zu hören bekommen habe, es betrifft die Bekannte einer Bekannten. Der charmante Chauffeur brachte die Dame unproblematisch an ihr Ziel, beschloss dann aber, dass es seiner Gemütsverfassung zuträglich sei, seinen Hosenstall zu öffnen und den Tiger freizulassen. Die Übers-Eck-Bekannte war daraufhin so baff, dass sie zu keiner angemessenen Reaktion fähig war, dem Typ sogar noch das Geld hinwarf und aus dem Auto stürmte. Schade eigentlich. Ob ich bei einer leibhaftigen Begegnung mit einem Exhibitionisten besonders schlagfertig wäre (und ob Schlagfertigkeit in diesem Fall besonders ratsam wäre), weiß ich natürlich nicht, aber ein paar dumme Sprüche fallen mir in der sicheren Theorie meiner vier Wände schon ein. "Nanu, warum riecht es denn plötzlich so nach Fisch?" - "Packen Sie doch bitte auch noch die Lupe aus, sonst wird das nichts." - "Betteln Sie gerade um Trinkgeld für eine Penisvergrößerung?"

Richtig wäre in dem Fall natürlich gewesen, sich die Nummer des Taxifahrers zu merken, die stets innen oben rechts an der Windschutzscheibe angebracht ist, und dann nichts wie raus (natürlich ohne zu bezahlen) und ab zur nächsten Verkehrspolizei. Ein Syrer versicherte mir, dass die Polizei solche Anschuldigungen ernst nimmt und dem Taxifahrer einiges an Ärger geblüht hätte.

Taxi, Taxi VII
Taxi, Taxi VI
Taxi, Taxi IV
Taxi, Taxi III
Taxi, Taxi II
Taxi, Taxi

Linktipp II

Eine drollige Satire über den Berufsproblembär Henryk M. Broder... :)

via Fefes Blog

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