Rajaa Al-Sanea: Girls of Riyadh
Girls of Riyadh handelt von vier jungen Mädchen aus der saudischen Oberschicht, vom Verlieben, Verloben, Heiraten und Scheiden. Gamrah, Michelle, Sadeem und Lamees beschäftigen sich - wie Mädchen ihren Alters in aller Welt - neben dem Studium vor allem mit Jungs, Styling, Tratsch. Doch sie haben eine ungleich schwerere Ausgangsposition als ihre Counterparts in manch anderen Teilen der Welt: sie leben in Saudi-Arabien, einer Gesellschaft, die von religiösen und traditionellen Gebräuchen durchsetzt ist, die Frauen (und oft genug auch Männern) das Leben schwer machen können.
Ich habe das Buch zwiespältig gelesen: einerseits ist es unglaublich interessant, einen Einblick in die saudische Gesellschaft zu erhaschen, von der man außer Negativprädikaten nicht viel weiß. Andererseits bestätigt das Buch genau diese Negativprädikate höchst eindrucksvoll und so manches Mal musste ich das Buch für eine Weile zur Seite legen, weil es eine unglaubliche Wut im Bauch hervorrufen kann: Sadeems Mann/Verlobter lässt sich von ihr scheiden, weil sie - auf sein Drängen hin! - vor der offiziellen Hochzeitsfeier mit ihm schläft, was natürlich SIE zu einer unmoralischen Frau macht, mit der er besser nicht zusammen sein sollte. Gamrahs Mann hat keinerlei Interesse an seiner Frau und stattdessen eine Affäre mit einer Asiatin, und als Gamrah ihn zur Rede stellt, nutzt er diese *Unverschämtheit* ihrerseits als Scheidungsgrund. Gamrahs Familie nimmt die Schande auch noch ganz auf ihre Schultern und sperrt das Mädchen monatelang quasi zu Hause ein.
In ihrem Vorwort schreibt die Autorin:
"I hope that by the time you finish this book, you will say to yourself: 'Oh, yes, it is a very conservative Islamic society. The women there do live under male dominance. But they are full of hopes and plans and determinations and dreams. And they fall deeply in and out of love just like women anywhere else."
Dazu kann ich nur sagen: wenn die saudischen Frauen alle Roboter ohne Hoffnung, Pläne und Träume wären, würde sich niemand seinen Kopf ob ihrer Unterdrückung zerbrechen. NATÜRLICH haben sie Träume wie Frauen überall anderswo auch, aber genau diese werden brutal unterdrückt. Und sie verlieben sich vielleicht so wie Frauen überall auf der Welt, aber die Herzensbrüche gehen dann - zumindest in so ziemlich jedem Beispiel im Buch - wieder auf das Konto der konservativen Gesellschaft. Abschließend kann ich dazu nur "Michelles" Meinung wiedergeben:
"It was a society riddled with hyprocrisy [in which love was treated like an inappropriate joke], drugged by contradictions and her only choice was to either accept those contradictions and bow to them, or leave her country to live in freedom."
Fazit also: schwierig zu lesen, aber wichtig, es dennoch zu lesen. Der fehlende fünfte Stern scheint nicht, weil die Charaktere immer ein Stück weit auf Distanz bleiben, sie stehen scheint es mehr als Exempel denn als Individuen und so gelingt es der Autorin nicht, mich soweit in die Geschichte zu ziehen, dass ich mit den Mädchen mitfiebern könnte.