Ramadan II
Na, solche Zustände herrschen hier glücklicherweise nicht. Syrien mag ein überwiegend von Muslimen bewohntes Land sein, und auch im öffentlichen Leben und in der Politik spielt die Religion bis zu einem gewissen Grad eine Rolle, aber eine Religionspolizei ist hier nicht von nöten. Das Regime möchte in religiösen Dingen eher liberal erscheinen, in islamistisch-extremistischer Betrachtung verlöre es ja selbst seine Legitimität, denn Assad gehört der muslimischen "Sekte" der Alawiten (Nusairier) an, die von manchen Muslimen als "unislamisch" angesehen wird.
Sicher sollte man das Thema Essen und Trinken im Ramadan mit etwas Fingerspitzengefühl angehen. Es kommt zum Beispiel darauf an, wo man gerade ist. In einem christlichen Viertel muss man weniger Rücksicht nehmen als in einem muslimischen - genau genommen *muss* man natürlich nicht einmal Rücksicht nehmen, aber wer keinerlei Respekt vor den Gebräuchen des Islam hat, sollte vielleicht anderswo Urlaub machen. In Bab Tuma zum Beispiel, das überwiegend christlich ist, und wo sehr viele Ausländer wohnen braucht man sich beim Essen und Trinken kaum Gedanken zu machen. Allgemein isst man in diesem Monat besser zu Hause. Das ist ja auch keine besondere Schwierigkeit, Trinken hingegen muss man schonmal etwas, wenn man aus irgendwelchen Gründen stundenlang durch die sengende Hitze läuft (laufen muss). Wenn man nicht gerade in Bab Tuma ist, macht man das optimalerweise nicht in der Mitte der Straße und klopft sich dabei trommelnd auf die Brust, sondern findet eine dezente Ecke dafür. Rauchen sollte man im Ramadan allgemein eher nicht auf der Straße, dafür herrscht wenig Verständnis. Wer es nicht aushalten kann, der muss dementsprechend mit abfälligen Bemerkungen rechnen.
Aber immerhin nicht mit einer Religionspolizei!