Mittwoch, 18. August 2010

Ramadan II

In Marokko werden hunderte von Polizisten eingesetzt, um eine Gruppe junger Leute am Picknicken zu hindern. Selbst Touristen würden sich kaum trauen, in der Öffentlichkeit zu essen.

Na, solche Zustände herrschen hier glücklicherweise nicht. Syrien mag ein überwiegend von Muslimen bewohntes Land sein, und auch im öffentlichen Leben und in der Politik spielt die Religion bis zu einem gewissen Grad eine Rolle, aber eine Religionspolizei ist hier nicht von nöten. Das Regime möchte in religiösen Dingen eher liberal erscheinen, in islamistisch-extremistischer Betrachtung verlöre es ja selbst seine Legitimität, denn Assad gehört der muslimischen "Sekte" der Alawiten (Nusairier) an, die von manchen Muslimen als "unislamisch" angesehen wird.

Sicher sollte man das Thema Essen und Trinken im Ramadan mit etwas Fingerspitzengefühl angehen. Es kommt zum Beispiel darauf an, wo man gerade ist. In einem christlichen Viertel muss man weniger Rücksicht nehmen als in einem muslimischen - genau genommen *muss* man natürlich nicht einmal Rücksicht nehmen, aber wer keinerlei Respekt vor den Gebräuchen des Islam hat, sollte vielleicht anderswo Urlaub machen. In Bab Tuma zum Beispiel, das überwiegend christlich ist, und wo sehr viele Ausländer wohnen braucht man sich beim Essen und Trinken kaum Gedanken zu machen. Allgemein isst man in diesem Monat besser zu Hause. Das ist ja auch keine besondere Schwierigkeit, Trinken hingegen muss man schonmal etwas, wenn man aus irgendwelchen Gründen stundenlang durch die sengende Hitze läuft (laufen muss). Wenn man nicht gerade in Bab Tuma ist, macht man das optimalerweise nicht in der Mitte der Straße und klopft sich dabei trommelnd auf die Brust, sondern findet eine dezente Ecke dafür. Rauchen sollte man im Ramadan allgemein eher nicht auf der Straße, dafür herrscht wenig Verständnis. Wer es nicht aushalten kann, der muss dementsprechend mit abfälligen Bemerkungen rechnen.

Aber immerhin nicht mit einer Religionspolizei!

Ramadan III
Ramadan

Immer wieder Knilche

Nun hadere ich schon eine Weile ob meiner Kategorisierung. Die Taxifahrer-Geschichten sind stets unter "Alltägliches" gelandet, die letzten beiden Mich-Dumm-von-der-Seite-anquatsch-Kerle habe ich hingegen unter "Begegnungen" abgelegt, eine Kategorie, die eigentlich dafür gedacht war, erwähnenswerte Kontakte mit Individuen aufzubewahren. Aber eigentlich sind all diese Knilche ja eher eine gesichtslose Masse, so wie eben die Taxifahrer, Matrix-artige Smith-Replica. Kann man etwas auch in zwei Kategorien gleichzeitig unterbringen? Ich wüsste nicht wie. Ich belasse es also bei meiner Kategorisierung, habe ich doch nun zumindest auf deren Problematik hingewiesen.

Der heutige Knilch liefert aufgrund Reaktionsmüdigkeit meinerseits eine etwas kürzere Geschichte: Ich steige aus dem Service aus und will nach Hause gehen, was bedeutet, sich von der Hauptstraße aus etwa 200m durch kleine Gassen zu schlängeln. Zeitgleich mit mir steigt ein junger Kerl aus, den ich zumindest kurz wahrgenommen habe, aufgrund seiner Haare. Im Gegensatz zu den meisten Syrern, die ihre Haare kurz mit einem Kilo Gel drin tragen, hat er lange, gelfreie Haare, die zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden sind. Ich gehe also so durch die Gassen als eben dieser Typ auf einmal neben mir auftaucht und "Hallo" sagt. Schon jetzt weiß ich worauf das hinausläuft. frage mich aber ob der mir jetzt extra gefolgt ist oder zumindest hier in der Ecke wohnt. Gesehen habe ich ihn hier noch nicht. "Hallo" gebe ich zurück.

"Sprichst du Arabisch?"
"Ein bisschen"
"Wollen wir Freunde sein?"

Na hoppla, der kommt aber schnell zur Sache. Nichtmal das Standardprozedere - Herkunft, Familienstand, Kinder - abgefragt. Ich ignoriere die Frage und frage zurück:

"Wohnst du hier in der Gegend?"
"Nein, ich wohne in [hab ich vergessen]."

Aha, ist der mir also echt extra vom Service bis hierher gefolgt um mir diese grandiose Frage zu stellen und ich hab's nichtmal gemerkt. Grummel. Er wiederholt seine Frage aber ich hab grad gar keinen Bock auf Verfolger und sage schlicht "Nein". Wie erwartet hält ihn das dennoch nicht davon ab, auch noch die Telefonnummer erfragen zu wollen (wenn Frauen nein sagen, muss da schließlich ein verkapptes ja drin stecken - oder so...), was ihm ein weiteres "Nein" und einen extrem genervten Blick beschert, der ihn dann tatsächlich zum Aufgeben bewegt.

Jetzt im Nachhinein ärgere ich mich natürlich über mich selbst. Mit dem hätte ich doch ein bisschen Spaß haben können! Wie hier schon angeregt, hätte ich ihm die Handynummer seines Vorgängers andrehen können. Oder ihn freundlich auf einen Kaffee einladen, "mit mir und meinem syrischen Ehemann". Das Gesicht hätte ich dann gern gesehen. Naja, hoffentlich beim nächsten Mal!

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