Abdalrachman Munif - Salzstädte
Trotz der überwiegend positiven Rezensionen, die sich zu dem Buch auf Amazon finden, kann ich persönlich nur davon abraten. Ich teile die Haltung der Zwei-Sterne-Rezensenten: ein spannendes Thema - die Veränderungen in der saudischen Gesellschaft durch die "Invasion" der Amerikaner nach den ersten Erdölfunden - doch höcht unzureichend literarisch verarbeitet. Das Buch beginnt mit der Geschichte des Wadi al-Ujun, einer kleinen Oase, die buchstäblich von den Amerikanern niedergewalzt wird, die Bewohner müssen an andere Orte umsiedeln und finden nur zum Teil Arbeit beim Aufbau der amerikanischen Öl-Infrastruktur. Die Hauptpersonen in diesem Teil sind die Mitglieder der Familie Haddal. Nun ist dieser erste Teil durchaus spannend, vielversprechend und man hat sich gerade an die Dramatis Personae gewöhnt, als der Schauplatz nach etwa 150 Seiten wechselt und mit ihm die komplette Besetzung. Das Schicksal der Familie Haddal versickert im Nichts, die restlichen 400 Seiten beschäftigen sich mit dem Küstenort Harran, den die Amerikaner ebenfalls "umgestalten". So etwas wie Hauptpersonen gibt es hier nicht mehr, die Gestalten kommen und gehen, keine Figur hat auch nur ansatzweise Tiefgang (wie auch in ihren kurzen Auftritten), eine Handlung gibt es im eigentlichen Sinne auch nicht mehr. Das Leben der Bewohner tröpfelt dahin, eine endlose Aneinanderreihung von Nichtigkeiten, Merkwürdigkeiten, Konflikten (an denen prinzipiell den Amerikanern die Schuld zugeschrieben wird). Kulturelle 'Clashs' rufen hier und da ein Schmunzeln hervor - die ehrfürchtige Ahnungslosigkeit angesichts jeglichen technischen Geräts, das Entsetzen der Saudis, als ein Ethnologe sie über ihre Religion ausfragen will und dergleichen mehr. Nach der Hälfte des Romans habe ich das Buch erstmal weggelegt und ein anderes gelesen.* Angesichts des nahenden Abgabetermins habe ich mich dann durch die zweite Hälfte geschleppt, aber eine Besserung tritt nicht ein. Keine Handlung, kein bleibendes Personal, keine Spannung, einseitige Darstellung.
Mein Fazit: ein Buch mit enormem Potenzial, das leider ungenutzt im Wüstensand versickert.
*Franz Werfel: "Die Vierzig Tage des Musa Dagh", uneingeschränkt empfehlenswert, 5 Sterne. Thema: der erbitterte Widerstand einiger armenischer Dörfer gegen die geplante Ausrottung durch die Türken. Das Buch wird aber hier nicht weiter behandelt, da es trotz des Schauplatzes im heutigen Libanon nicht wirklich was mit der Region zu tun hat
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