Lieve Joris: Die Tore von Damaskus
Die Tore von Damaskus. Eine arabische Reise
In diesem Buch nimmt uns Frau Joris mit auf eine Reise nach Damaskus, aber nicht auf den klassischen Touristenpfaden, sondern auf den Pfaden der jungen Syrerin Hala, mit der Lieve sich bei einem früheren Syrien-Aufenthalt angefreundet hat. Hala hat kein leichtes Leben, sie ist praktisch eine alleinerziehende Mutter, denn der Vater ihrer Tochter sitzt seit langen Jahren aufgrund politischer Unliebsamkeiten im Gefängnis. Die beiden waren erst kurz verheiratet, als er verhaftet wurde, und alle Gefühle von Liebe sind in den Jahren von Hala gewichen. Die Ankündigung, dass ihr Mann eventuell im Rahmen einer Amnestie freigelassen wird, ruft bei ihr keine Begeisterung mehr hervor.
Ein Großteil des Buches beschäftigt sich mit dieser Problematik, die zwar einen politischen Rahmen hat, aber sonst doch eher privater Natur ist, sowie mit Halas Alltag, Familie, Kindererziehung... Die meist melancholisch-depressive Stimmung Halas ist in den Zeilen omnipräsent zu erahnen. Das ist kein Vorwurf an das Buch, denn es entspricht vermutlich dem Lebensgefühl vieler Syrer, die unter den Pranken des Regimes Optimismus und Lebensfreude verloren haben. Ebenso färbt diese Stimmung ab auf die Autorin, die jedesmal, wenn sie irgendetwas Positives für sich entdeckt, sofort von ihrer Freundin wieder heruntergezogen wird. So zum Beispiel, als sie in eine Art literarischen Zirkel eingeladen wird. Sie freut sich sehr, doch Hala rät ihr, diesem Treffen fernzubleiben, da dort mit Sicherheit auch der Mukhabarat (Geheimdienst) anwesend sei.*
Vorwiegend ist dieses Buch eigentlich kein Reisebericht in dem Sinne, dass Land, Leute, Sehenswürdigkeiten vorgestellt werden, sondern ein Bericht über Halas Leben, soweit wie Hala Lieve in dieses hineinschauen lässt. Natürlich verrät dieses einiges über syrische Eigenheiten und über das politische System. Man sollte aber nicht versucht sein, die Biographie einer Syrerin stellvertretend für die arabische Gesellschaft zu lesen. Insgesamt kann ich nur vier Sterne vergeben, da ich Frau Joris' Hauptsatzaneinanderreihungs-Schreibstil einfach nicht mit fünf Sternen belohnen kann. Inhaltlich ist das Buch aber allemal lesenswert und nach einiger Zeit in Syrien kommt einem mehr und mehr daraus aus eigener Erfahrung bekannt vor.
*Womit sie vermutlich auch recht hat. Vielleicht erzähle ich später mal von meinen Geheimdiensterfahrungen. Aber nicht solange ich noch im Land bin. Vorsicht ist besser als Nachsicht...
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