Freitag, 1. Oktober 2010

Adel Karasholi - Wenn Damaskus nicht wäre

Zur Abwechslung gibt es dieses Mal keinen Roman sondern einen Gedichtband:

Wenn Damaskus nicht wäre

Adel Karasholi, 1936 in Damaskus geboren, 1959 als Mitglied des arabischen Schriftstellerverbandes ins Exil geschickt, lebt seither in Leipzig und schreibt Gedichte über Heimat und Heimatlosigkeit (auf deutsch, Übersetzungsprobleme fallen also weg). Das vorgestellte Werk enthält die früheren Werke Umarmung der Meridiane und Daheim in der Fremde sowie einen neuen Teil Fremder Tod. Somit umfassen die Gedichte einen Schaffenszeitraum von 27 Jahren (1964-91). Dennoch ändert sich in all der Zeit an den Themen nicht viel: es geht um Heimat, verlorene Heimat, Fremde. Ich kenne den "echten" Karasholi nicht, aber wenn ich dieses Bändchen so lese, würde ich sagen, die Trennung von seinem Heimatland Syrien ist ihm wahrlich nicht gut bekommen, auch 30 Jahre später noch immer nicht. Nun gut, ob der Tausch Syrien-DDR besonders prunkvoll ist, das sei auch mal in Frage gestellt. Dennoch, der immer wiederkehrenden Klage über die eigene Exil-Existenz wurde ich beim Lesen bald überdrüssig. Wir beginnen auf S.11:

Hin und her / Her und hin / Wo bin ich zu Haus

und enden auf S.78:

Fremde ist zu deiner Rechten / Und zu deiner Linken ist die Fremde / Denn du tanzt auf einem Seil

Im ganzen Band finden sich vielleicht zwei oder drei Gedichte, die nichts mit Heimat und Entwurzelung zu tun haben. Das Gesamtpaket kommt also, man hört es wohl, bei mir nicht allzu gut weg. Zuviel Redundanz. Manchmal auch zu schwurbelig verdrehte Lyrik, die vermutlich nur Sinn ergibt, wenn man Adels Kopf auf den Schultern trägt und weiß, was er im Augenblick des Niederschreibens gedacht hat. Wie sonst könnte man Zeilen wie diese verstehen:

Versiegende Worte / Sieg der Einöde Argwohn / Wolkenlos greller Riß / Der Menschheit

Im einzelnen betrachtet finden sich unter den Gedichten aber durchaus Perlen, elegant in der Wortwahl, aber nicht unverständlich lyrisch verdreht, die mitunter auch zum Nachdenken über das eigene Verhältnis zu "Heimat" anregen (z.B. "Heimat im Gedächtnis"), gerade, wenn man selbst im Moment ein wenig heimatlos ist. Auch ein paar Schmunzler sind dabei, so das "Porträt" eines Beamten, eine Sorte Mensch, mit der Herr Karasholi wie wohl die meisten Leute auf der Welt auch, keine primär positiven Erfahrungen verbindet:

Vor der Tür zu seinem Büro / tritt er sich gründlich ab / Schuhe und Seele / [...] / Zwischen den Schultern / Wächst ihm plötzlich / Ein Stempel

Im Großen und Ganzen ergibt das meines Erachtens drei Sterne.

Drei Sterne

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