Freitag, 22. Oktober 2010

Heller/Mosbahi - Arabische Erzählungen der Gegenwart

Arabische Erzählungen der Gegenwart

Das ist, wie es der Titel schon vermuten lässt, ein Sammelband mit zeitgenössischen arabischen Kurzgeschichten. Nach einer Einleitung, in der ein schlaglichtartiger Rückblick auf die Entwicklung der arabischen Literatur in den letzten Jahrhunderten geworfen wird, folgen die dreiunddreißig Geschichten, alphabetisch nach den Nachnamen der Autoren sortiert:

  • Henriette Abudi - Die Einladung
  • Ibrahim Aslan - Die Befähigung
  • Khannatha Bannuna - Blumen in Gefangenschaft
  • Muhammad al-Bisati - Der Kamelhändler
  • Ahmad Buzfur - Das Auge und das Erdbeben
  • Saad ad-Dusri - Die Löwin
  • Ahmad Ibrahim al-Faqih - Der Regen und die Träume
  • Gamal al-Ghitani - Exit
  • Jussuf Idris - Ein fleischliches Haus
  • Walid Ikhlasi - Der Wurm
  • Said al-Kafrawi - Sodrat al Muntaha - Lotusbaum im Siebten Himmel
  • Ghassan Kanafani - Der Verrückte
  • Idris al-Khouri - Zwei Gesichter
  • Muhammad Khudaijir - Das schwarze Reich
  • Ibrahim al-Koni - Die Zeit der Vögel
  • Izz al-Din al-Madani - Vor dem Aufbruch
  • Nagib Mahfus - Die Kneipe zur schwarzen Katze
  • Mustapha al-Mesnawi - Das Seil, der Junge und der Schreiner
  • Muhammad al-Minzi Kandil - Ein Ermordeter an irgendeinem Ort
  • Hassouna Mosbahi - Der Geburtstag des Präsidenten
  • Mu'nis ar-Razzaz - Mein zehntes Leben
  • Yasin Rifa'iya - Die Aschemänner
  • Idris as-Saghir - In einem Café am Ufer eines Flusses
  • At-Tayyib Salih - So, meine Herrschaften!
  • Salema Salih - Der Maulbeerbaum
  • Ghada Samman - Laila und der Wolf
  • Mahdi Ida as-Saqr - Eine Frau, die auf dem Bürgersteig sitzt
  • Hana asch-Schaich - Die Nacht der Frauen
  • Khairi Schalabi - Sembou
  • Yusuf asch-Scharouni - Die Hämorrhoiden
  • Zakariya Tamir - Des Leibhaftigen letzer Tag
  • Hasb Allah Yahya - Das Schloß
  • Muhammad Zafzaf - Eine Nacht in Casablanca

Zunächst einmal zu dem Projekt an sich: es ist meines Erachtens sehr gut gelungen, die verschiedensten Autoren aus aller Herren arabischer Länder mit ihren verschiedensten Erzählweisen vorzustellen. Neben der Einführung trägt zu diesem Gelingen bei, dass es im Anhang Worterklärungen, Kurzbiographien zu allen Autoren und eine Bibliographie der auf Deutsch/Englisch/Französisch erschienenen Werke der Autoren gibt. Das hilft, das Gelesene einzusortieren und bietet Möglichkeiten, sich darüber hinaus zu informieren. Das Manko dieses Buches (oder dieser Leserin): trotz einiger Informationen und so manchem Hinweis in der Einleitung, wie manche der Geschichten zu verstehen sind, bleibt der Leser (sofern er nicht schon sehr bewandert in arabischer Literatur ist) etwas ratlos zurück, ich jedenfalls hätte mir ein "Königs Erläuterungen" gewünscht, um auch zu verstehen, was ich da eigentlich lese. Sicher, eine gute Herangehensweise ist es zunächst einmal, zu überlegen, ob der Text irgendwie als Regime- oder Gesellschaftskritik aufgefasst werden könnte. Manchmal ist das relativ offensichtlich, aber bei der Geschichte über den Mann mit dem stets kränkelnden Hinterteil ("Die Hämorrhoiden") bin ich nicht drauf gekommen, dass es um Politik geht, erst als ich die Einleitung ein zweites Mal gelesen habe. Viele Geschichten haben entweder keine andere Ebene als die der gerade stattfindenden Erzählung, oder ich sehe sie nur nicht. Bei manchen Geschichten verstehe ich nicht einmal, was da gerade überhaupt passiert. Das beste Beispiel ist hier "Das Auge und das Erdbeben", da hätte selbst Kafka ehrfürchtig den Hut gezogen. Erst ist jemand ganz Auge, dann wird der Augenbrau gesattelt und auf ihm davongeritten, gemordet wird auch, in recht brutaler Wortwahl. Ich glaube, es geht um sexuelle Gewalt, aber ich will mich da nicht festlegen.

Es gibt aber auch Geschichten, die mir sehr gut gefallen. "Ein fleischliches Haus" ist sehr lesenswert, eine lustig erzählte Geschichte, die aber große Fragen nach Moral und Verantwortung aufwirft. Meine persönliche Lieblingsgeschichte und daher Leseempfehlung (und mit circa dreißig Seiten die mit Abstand längste Geschichte) ist "Laila und der Wolf".

Im Großen und Ganzen verdient das Buch also für die Vielfalt der Geschichten und Autoren und das gebotene "Drumherum" problemlos seine fünf Sterne. Dass einzelne Geschichten weniger begeistern können, liegt bei einem derartigen Querschnitt in der Natur der Sache, dass das Verständnis teilweise oberflächlich bleibt ein Problem, dem vor allem durch eines: noch mehr lesen!, abgeholfen werden kann.

5 Sterne

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