Sonntag, 25. Juli 2010

Taxi, Taxi III

Jaja, und wieder die Taxifahrer. Man soll ja keine Vorurteile haben, aber in diesem Fall sind es eben keine Vorurteile, sondern aus leidvoller Erfahrung gewonnene Urteile: 75% der Taxifahrer in Damaskus hauen einen übers Ohr und/oder nerven mit blöder Anmache. Na gut, mag nun manch einer sagen. Finanziell haben sie's ja auch nicht leicht, und sie vermuten halt hinter jedem Europäer einen Sack goldener Dukaten. Soll ich nun jedem Taxifahrer erzählen, dass ich mit der Miete im Rückstand bin und seit drei Tagen Variationen von Reis und Linsen esse? Und die Anmache, na so sind eben die Vorurteile über Europäerinnen, alle schamlos und willig. Ja, so Vorurteile gibt es, aber das muss ich ja nicht gutheißen. Oft werde ich auch als Russin eingestuft, was die Sache aber nicht besser macht - es gibt hier wohl ein Phänomen, dass Russinnen Syrer heiraten, um dann in gewissen Nachtclubs ihr Geld zu machen. Also entweder europäische Zügellosigkeit oder russische Käuflichkeit? Was für eine Auswahl. Aber zur heutigen Geschichte:

Die heutige Lektion zeigt uns, dass fast niemand vor den verschlagenen Taxifahrern sicher ist... höchstens waschechte und offensichtlich nicht überbegüterte Syrer vielleicht. Ich möchte von der Altstadt nach Hause fahren. Mein Begleiter ist Syrer, hat aber lange Zeit im Libanon gelebt und dementsprechend einen libanesischen Akzent. Das führt, wie er mir erzählt, des öfteren dazu, das er als "Ausländer" wahrgenommen und entsprechend behandelt wird.Wir steigen in ein Taxi, das Taxameter steht auf etwas um die siebzig Lira, und der Fahrer macht keine Anstalten, es zurückzusetzen - 5,50 SP wäre der korrekte Startpreis. Da mein Bekannter aber nichts weiter dazu sagt, soll es mir egal sein. Wir können schließlich subtrahieren, und genau den angezeigten Fahrpreis minus siebzig wird der Fahrer dann auch bekommen. Aber denkste, so einfach will er uns nicht davonkommen lassen. Am Ziel angekommen, bezahlt mein Begleiter (na klar, das wär ja auch noch schöner, wenn die Frau bezahlen würde... da er kein Kleingeld hat, hab ich ihm schon vorsorglich diskret das passende Geld zugesteckt), das Ergebnis seiner Subtraktion ergibt etwa 80SP. Aber nein, der Fahrer möchte gerne seine 150SP haben und zeigt auf das Taxameter. Freundlich darauf hingewiesen, dass er dieses zu Beginn der Fahrt nicht korrekt eingestellt hatte, streitet er dieses vehement, laut und gestikulierend ab. Auch ich bestätige noch, dass ebendies doch der Fall ist, aber er scheint nicht sonderlich beeindruckt und vorn entspannt sich eine Diskussion, der ich nicht ganz folgen kann, doch es ist klar, dass sich kein gemeinsamer Standpunkt finden lässt. Heute bin ich doch etwas gereizt und fordere meinen Begleiter auf, sich die Taxinummer zu notieren und die Angelegenheit der Verkehrspolizei zu überlassen. Das scheint der werte Herr Fahrer verstanden zu haben, denn schließlich akzeptiert er seine Bezahlung und schmeißt uns, ziemlich wütend, aus dem Auto. Also nicht wortwörtlich natürlich, aber verbal. Oh mann, was für ein A*****och.

Na dann, gute Fahrt ;)

Taxi, Taxi VII
Taxi, Taxi VI
Taxi, Taxi V
Taxi, Taxi IV
Taxi, Taxi II
Taxi, Taxi

Uriges Kneipchen

Viel vom "Nachtleben" habe ich mir in Damaskus bislang nicht angesehen. Es gibt ein paar Clubs, aber die Musik ist bescheiden und der Eintritt überteuert (500 - 1000 SP). Da habe ich bisher lieber ein Bierchen zu Hause gezischt. Eine größtenteils von Touristen und Studenten bevölkerte Bar in der geschichtsträchtigen "Geraden Straße", welche Bab Sharqi und den Suq Hammidiye verbindet, hat zumindest eine anständige Getränkeauswahl. Die Musik ist auch hier nicht so dolle, aber immerhin auch nicht so laut. Charme hat der Laden nicht wirklich, aber bei eingeschränkter Auswahl muss man eben etwas bescheiden sein. Als ich diese Bar neulich wieder einmal aufsuchen wollte, wurden wir hinauskomplimentiert, es sei eine "Privatveranstaltung" heute. Seltsam, dass wir dann zunächst hineingelassen wurden, und die vereinzelt beisammen sitzenden Grüppchen sahen auch nicht so aus, als hätten sie irgendetwas miteinander zu tun. Nun, dann eben nicht.

So wandern wir weiter die Gerade Straße entlang, als mein Blick in ein kleines Lädchen fällt, hätten nicht ein paar Raucher vor der Tür gestanden, hätte ich es sicher übersehen, so winzig ist es. Drei Tische, ein Tresen, alles auf ein paar Quadratmeter gequetscht. Der Wirt macht schnell einen Tisch für uns frei, die dort Sitzenden waren wohl keine zahlenden Gäste, sondern Bekannte von ihm. Was soll ich sagen? Ich bin froh, dass man uns aus der anderen Bar hinausgeworfen hat. Diese Kneipe ist so schnuckelig, richtig urig, die packe ich in meinen Koffer und bringe sie mit nach Deutschland. Tische aus knorrigem dunklen Holz, die Wände behängt mit allerlei Bildern - Plattencover von Fleetwood Mac, Romeo und Julia (auf russisch), Beethoven. Alte Schwarz-Weiß-Fotografien von mir unbekannten Menschen. Ein gerahmtes BIld von einem alten Mann, den ich aus mir selbst unerfindlichen Gründen als Friesen einstufen würde. Dazu ein bisschen Plunder, Holzbestecke, eine Lichterkette, Gläser, ein englischer Zettel "10 reasons why beer is better than women" - sehr charmant in der Gesamtwirkung. Ein Arabisch beschriftetes Schild hängt dort, ich verstehe es nicht und frage meinen Mann. Aber auch der wird daraus nicht schlau, also fragen wir den Wirt. Aber auch der weiß nichts genaues! Gäste haben das Schild aufgehängt. Der Text ergibt keinen Sinn und manche Wörter gibt es anscheinend entweder gar nicht oder sie sind falsch geschrieben. "Prinzessin der Nacht" der Anfang, "ich bleibe Deutsch" das Ende - hmm... Leser, die des Arabischen mächtig sind, sind herzlich zu Deutungsversuchen eingeladen. Es gibt Spirituosen aller Art, auch wenn der Wirt keinen Jack Daniels kennt. Englisch kann er auch nicht, aber das ergänzt nur den urigen Charakter der Kneipe und macht auch sonst nichts, Whisky "Aswad" (Schwarz) versteht er. Einen Deckel gibt es hier nicht, er schreibt unseren "Deckel" in eine dicke, abgegriffene Kladde, die auf dem Tresen liegt. Zwei kleine Minuspunkte gibt es dann doch noch: die Musik ist hier ebenfalls nicht berauschend und die Toilette ist so eng, dass man, will man den Toilettendeckel nicht berühren (und nein, das will man wirklich nicht), halbstehend, die Knie gegen die (nicht abschließbare) Tür gedrückt kauern muss. Und die Spülung geht auch nicht. Mist.

Dennoch, der Gesamteindruck ist super und eins ist klar: ich komme wieder!

Uriges Kneipchen I Uriges Kneipchen II Uriges Kneipchen III Uriges Kneipchen IV

Affenhitze

Der Sommer in Damaskus geht in etwa von Juni bis September. Ganz besonders fies heiße Monate sind dabei der Juli und der August. Aktuell sind es laut der Wetteranzeige in der Sidebar 36°C. Letzte Woche waren es teilweise bis zu 43°C. Das schlaucht enorm, deshalb aktuell:

Überlebenstipps für heiße Tage (nicht Deutsche Bahn-erprobt)

  1. Klimaanlage kaufen!
    Haben wir aber nicht und können wir uns grad auch nicht leisten, deshalb
  2. Ventilator kaufen!
    Schafft nur geringe Abkühlung, bei über 40°C erfüllt das Aufwirbeln der heißen Luft mehr die Funktion einer Heizung, das Geräusch geht auf Dauer enorm auf die Nerven, deshalb
  3. Kalt duschen!
    Schafft nur vorübergehend Abkühlung, und das Leitungswasser ist auch nicht wirklich kalt, aber immerhin. Wasser ist trotz der Geographie Syriens superbillig, daher auch eine Variante, die stündlich wiederholt werden kann.
  4. Waschlappen > Schüssel mit Wasser > Kühlschrank
    Kann man sich zwischen zwei Duschen wunderbar mit abkühlen. Eiskaltes Wasser auf die Haut und dann vor den Ventilator setzen. Mmmmhhhh. Auch sehr vor dem Einschlafen zu empfehlen.
  5. Viiiiieeel Trinken!
    Es wird stets weise behauptet, man solle etwas heißes Trinken, um sich abzukühlen, aber dem kann ich nichts abgewinnen. Stets ein Kilo Eiswürfel im Eisfach, und literweise Wasser (zur Abwechslung auch Saft und Cola) trinken, kühlt nicht nur ab, sondern muss auch sein, bei der Menge an Flüssigkeit, die man täglich ausschwitzt.
  6. Wassermelone essen!
    Die Nationalspeise, kühlt, füllt den Magen, schmeckt. Praktischer Sommernebeneffekt: da man kaum etwas anderes als Melone und Wasser zu sich nimmt, schwinden Fettpölsterchen schweigend dahin.
  7. Alle Fenster und Türen auf!
    Natürlich nur, wenn man keine Klimaanlage hat. Zumindest abends bzw. nachts setzt sich die leicht abgekühlte Luft etwas in Bewegung. Das will man sich sicher nicht entgehen lassen. Ventilator in die Tür stellen und die Brise genießen!

Ach ja, ich wünschte, es gäbe hier Freibäder... Schönen Sommer noch!

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