Auf Hotelsuche
Langsam erwacht die Stadt und die ersten Cafés machen auf. Da heißt es erstmal: Frühstückszeit! Mir wird nahegelegt, doch ganz dringend unbedingt Mammuniye zu probieren, das sei eine Spezialität aus Aleppo und ganz, ganz toll lecker. Bei solchen Ansagen bin ich ja immer skeptisch, meist führt das dazu, dass ich mir fünf Minuten den Mund mit Wasser ausspülen muss, um irgendeinen grauseligen Geschmack rauszubekommen. Aber diesmal ist tatsächlich was dran am Lobpreis. Zugegeben, es ist eine seltsame Kombination, und wohl nichts für jeden Tag, aber heute schmeckt es mir ausgesprochen gut. Mammuniye ist eine Art Couscous- oder Burghulbrei, bis zum Ohrenschlackern gezuckert und mit einem Klecks Sahne versehen, auch wenn das eine neumodische Spielerei sei. Damit man aber keinen Überzuckerungsanfall bekommt, wird zugleich ein Teller mit Mushallal-Käse, serviert, Käsefäden wie Spaghetti, ziemlich salzig. Einen Happen Brot mit süßem Getreidebrei, einen Happen Brot mit salzigem Käse, süß, salzig, süß, salzig... klingt bescheuert, ist aber sehr, sehr lecker!
Derart gestärkt, wollen wir unsere Hotelsuche beenden und kehren zurück zum allerersten Hotel, das wir ins Auge gefasst hatten. Das Gepäck wird ins Zimmer gebracht, mein Mann geht nur noch mal kurz nach unten, um den Papierkram zu regeln. Schon die erste Überraschung für mich: das Bad sieht sauber aus, aber nur solange man den Klodeckel zulässt. Pfuibah. Also erstmal aufs Bett werfen und ein bisschen von der Klimaanlage bepusten lassen. Aber da kommt schon wieder Männe zurück und meint, wir müssten erstmal zur Polizeistation, der Hotelier mag unsere Ehepapiere lieber mit einem Stempel von der Touristenpolizei, sicher ist sicher. Dass auch ja nicht der leiseste Zweifel besteht, in seinem Hotel könne sich etwas so Perverses abspielen wie ein Mann und eine Frau in einem Zimmer (in zwei Einzelbetten), ohne den Segen des Allerhöchsten. "Können wir nicht wenigstens erstmal fünfzehn Minuten die Füße hochlegen?" - "Hab ich ihn auch gefragt, aber er meinte, die sei ja gleich um die Ecke, das könnten wir ja schnell erledigen." Seufz, also Schuhe wieder an, Körper in vertikale Position und weiter geht's. Beim Hinausgehen auf den Zustand der Toilette angesprochen motzt der zuständige Bursche nur herum, er habe ja alles saubergemacht, das könne ja gar nicht sein. Der Hotelier schnauzt ihn aber entsprechend an, so dass er sich ans Werk macht. Über den Weg traue ich dem Bub trotzdem keinen Meter, gut, dass ich einen Packen Sagrotantücher dabei habe.
Der aus dem Schlaf geklingelte Polizist hört sich unser Anliegen an, wird aber kaum richtig wach dabei, der braucht ne ganze Kanne Kaffee, intravenös, sofort. Jedenfalls meint er, die Papiere sind alle in bester Ordnung, kirchliche Eheurkunde, Bearbeitungsnummer der behördlichen Papiere, Reisepässe, Familienbuch, Wohnortbescheinigung, Mietvertrag, wir haben alles dabei, was man sich vorstellen kann. Ob er denn "in bester Ordnung" bitte durch einen Stempel bestätigen möge? Ach was, die Papiere sind ja ok, wenn das dem Hotelier nicht gefällt, soll er ihn persönlich anrufen. Ich glaube, herauszuhören, dass die beiden sich kennen, und diese Bekanntschaft nicht unbedingt freundschaftliche Wurzeln geschlagen hat. Also wieder auf den Weg zurück. Aber halt, im gleichen Gebäude wie die Polizei ist ja auch noch ein Hotel. Da kann man ja mal kurz gucken. Das sieht ja auch alles ganz anständig aus, kostet 200 SP weniger pro Nacht, das Klo ist sauber, die Polizei ist gleich in Reichweite, nur einen Balkon hat es hier nicht. Aber der ist nun auch nicht so essenziell.
Zurück im vorigen Hotel bemühe ich mich sehr, ein fürchterlich betrübtes Gesicht zu machen, während mein Mann dem Hotelier erzählt, dass der Polizist uns keinen Stempel geben konnte, weil die Papiere ohne behördliche Bescheinigung so nicht ok seien, und wir dann eben bei Bekannten unterkommen müssten. Ich bin gespannt, was bei dem Hotelier überwiegt, der Wunsch nach ordentlichen Papieren, oder der Wunsch, zahlende Kunden zu behalten. Er lässt uns denn aber tatsächlich ziehen, ohne irgendwelche Tricks zu erfinden, warum wir doch bleiben können. Ich glaube ja sowieso, dass er uns nicht da haben wollte. Ob er nun keine Ausländer mag, oder keine Christen, oder einfach nur unsere Nasen nicht, aber irgendwas mochte er jedenfalls nicht. Mir wurscht, wir ziehen ins andere Hotel, legen endlich unsere Füße hoch und entspannen uns ein bisschen. Mehr als ein halbes Stündchen ist uns leider nicht vergönnt, dann stehen die ersten Verwandtschafts-Kaffeetrink-Besuche an, denen man nicht entgehen kann...
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