Alltägliches

Donnerstag, 29. Juli 2010

Was fehlen würde

  • Sonnenschein
  • Granatäpfel kiloweise
  • sich immer ein Taxi leisten können
  • Gelassenheit als Grundprinzip
  • Hummus – Dip
  • arabischer Kaffee
  • überbordende Gastfreundlichkeit
  • das urige Kneipchen

Was nicht fehlen würde
Was nicht fehlt
Was fehlt

Was nicht fehlt

  • Spinnen
  • Jammern als Grundprinzip
  • Regen (also mir persönlich, dem Land schon)
  • neugierige und/oder beschwerdewütige Nachbarn
  • McDonalds
  • Vorschriftendschungel
  • Sauerkraut
  • Eva Herman

Was nicht fehlen würde
Was fehlen würde
Was fehlt

Was fehlt

  • Fertiggerichte (ganz besonders Tiefkühlpizza)
  • Thüringer Rostbratwurst im Brötchen
  • über 300 Brotsorten
  • jeden Morgen die taz im Briefkasten
  • politisches Kabarett
  • Kirmes
  • der Geruch von nassem Herbstlaub
  • kurze Röcke
  • weiße Weihnachten
  • Verkehrsregeln

Was nicht fehlen würde
Was fehlen würde
Was nicht fehlt

Sonntag, 25. Juli 2010

Taxi, Taxi III

Jaja, und wieder die Taxifahrer. Man soll ja keine Vorurteile haben, aber in diesem Fall sind es eben keine Vorurteile, sondern aus leidvoller Erfahrung gewonnene Urteile: 75% der Taxifahrer in Damaskus hauen einen übers Ohr und/oder nerven mit blöder Anmache. Na gut, mag nun manch einer sagen. Finanziell haben sie's ja auch nicht leicht, und sie vermuten halt hinter jedem Europäer einen Sack goldener Dukaten. Soll ich nun jedem Taxifahrer erzählen, dass ich mit der Miete im Rückstand bin und seit drei Tagen Variationen von Reis und Linsen esse? Und die Anmache, na so sind eben die Vorurteile über Europäerinnen, alle schamlos und willig. Ja, so Vorurteile gibt es, aber das muss ich ja nicht gutheißen. Oft werde ich auch als Russin eingestuft, was die Sache aber nicht besser macht - es gibt hier wohl ein Phänomen, dass Russinnen Syrer heiraten, um dann in gewissen Nachtclubs ihr Geld zu machen. Also entweder europäische Zügellosigkeit oder russische Käuflichkeit? Was für eine Auswahl. Aber zur heutigen Geschichte:

Die heutige Lektion zeigt uns, dass fast niemand vor den verschlagenen Taxifahrern sicher ist... höchstens waschechte und offensichtlich nicht überbegüterte Syrer vielleicht. Ich möchte von der Altstadt nach Hause fahren. Mein Begleiter ist Syrer, hat aber lange Zeit im Libanon gelebt und dementsprechend einen libanesischen Akzent. Das führt, wie er mir erzählt, des öfteren dazu, das er als "Ausländer" wahrgenommen und entsprechend behandelt wird.Wir steigen in ein Taxi, das Taxameter steht auf etwas um die siebzig Lira, und der Fahrer macht keine Anstalten, es zurückzusetzen - 5,50 SP wäre der korrekte Startpreis. Da mein Bekannter aber nichts weiter dazu sagt, soll es mir egal sein. Wir können schließlich subtrahieren, und genau den angezeigten Fahrpreis minus siebzig wird der Fahrer dann auch bekommen. Aber denkste, so einfach will er uns nicht davonkommen lassen. Am Ziel angekommen, bezahlt mein Begleiter (na klar, das wär ja auch noch schöner, wenn die Frau bezahlen würde... da er kein Kleingeld hat, hab ich ihm schon vorsorglich diskret das passende Geld zugesteckt), das Ergebnis seiner Subtraktion ergibt etwa 80SP. Aber nein, der Fahrer möchte gerne seine 150SP haben und zeigt auf das Taxameter. Freundlich darauf hingewiesen, dass er dieses zu Beginn der Fahrt nicht korrekt eingestellt hatte, streitet er dieses vehement, laut und gestikulierend ab. Auch ich bestätige noch, dass ebendies doch der Fall ist, aber er scheint nicht sonderlich beeindruckt und vorn entspannt sich eine Diskussion, der ich nicht ganz folgen kann, doch es ist klar, dass sich kein gemeinsamer Standpunkt finden lässt. Heute bin ich doch etwas gereizt und fordere meinen Begleiter auf, sich die Taxinummer zu notieren und die Angelegenheit der Verkehrspolizei zu überlassen. Das scheint der werte Herr Fahrer verstanden zu haben, denn schließlich akzeptiert er seine Bezahlung und schmeißt uns, ziemlich wütend, aus dem Auto. Also nicht wortwörtlich natürlich, aber verbal. Oh mann, was für ein A*****och.

Na dann, gute Fahrt ;)

Taxi, Taxi VII
Taxi, Taxi VI
Taxi, Taxi V
Taxi, Taxi IV
Taxi, Taxi II
Taxi, Taxi

Uriges Kneipchen

Viel vom "Nachtleben" habe ich mir in Damaskus bislang nicht angesehen. Es gibt ein paar Clubs, aber die Musik ist bescheiden und der Eintritt überteuert (500 - 1000 SP). Da habe ich bisher lieber ein Bierchen zu Hause gezischt. Eine größtenteils von Touristen und Studenten bevölkerte Bar in der geschichtsträchtigen "Geraden Straße", welche Bab Sharqi und den Suq Hammidiye verbindet, hat zumindest eine anständige Getränkeauswahl. Die Musik ist auch hier nicht so dolle, aber immerhin auch nicht so laut. Charme hat der Laden nicht wirklich, aber bei eingeschränkter Auswahl muss man eben etwas bescheiden sein. Als ich diese Bar neulich wieder einmal aufsuchen wollte, wurden wir hinauskomplimentiert, es sei eine "Privatveranstaltung" heute. Seltsam, dass wir dann zunächst hineingelassen wurden, und die vereinzelt beisammen sitzenden Grüppchen sahen auch nicht so aus, als hätten sie irgendetwas miteinander zu tun. Nun, dann eben nicht.

So wandern wir weiter die Gerade Straße entlang, als mein Blick in ein kleines Lädchen fällt, hätten nicht ein paar Raucher vor der Tür gestanden, hätte ich es sicher übersehen, so winzig ist es. Drei Tische, ein Tresen, alles auf ein paar Quadratmeter gequetscht. Der Wirt macht schnell einen Tisch für uns frei, die dort Sitzenden waren wohl keine zahlenden Gäste, sondern Bekannte von ihm. Was soll ich sagen? Ich bin froh, dass man uns aus der anderen Bar hinausgeworfen hat. Diese Kneipe ist so schnuckelig, richtig urig, die packe ich in meinen Koffer und bringe sie mit nach Deutschland. Tische aus knorrigem dunklen Holz, die Wände behängt mit allerlei Bildern - Plattencover von Fleetwood Mac, Romeo und Julia (auf russisch), Beethoven. Alte Schwarz-Weiß-Fotografien von mir unbekannten Menschen. Ein gerahmtes BIld von einem alten Mann, den ich aus mir selbst unerfindlichen Gründen als Friesen einstufen würde. Dazu ein bisschen Plunder, Holzbestecke, eine Lichterkette, Gläser, ein englischer Zettel "10 reasons why beer is better than women" - sehr charmant in der Gesamtwirkung. Ein Arabisch beschriftetes Schild hängt dort, ich verstehe es nicht und frage meinen Mann. Aber auch der wird daraus nicht schlau, also fragen wir den Wirt. Aber auch der weiß nichts genaues! Gäste haben das Schild aufgehängt. Der Text ergibt keinen Sinn und manche Wörter gibt es anscheinend entweder gar nicht oder sie sind falsch geschrieben. "Prinzessin der Nacht" der Anfang, "ich bleibe Deutsch" das Ende - hmm... Leser, die des Arabischen mächtig sind, sind herzlich zu Deutungsversuchen eingeladen. Es gibt Spirituosen aller Art, auch wenn der Wirt keinen Jack Daniels kennt. Englisch kann er auch nicht, aber das ergänzt nur den urigen Charakter der Kneipe und macht auch sonst nichts, Whisky "Aswad" (Schwarz) versteht er. Einen Deckel gibt es hier nicht, er schreibt unseren "Deckel" in eine dicke, abgegriffene Kladde, die auf dem Tresen liegt. Zwei kleine Minuspunkte gibt es dann doch noch: die Musik ist hier ebenfalls nicht berauschend und die Toilette ist so eng, dass man, will man den Toilettendeckel nicht berühren (und nein, das will man wirklich nicht), halbstehend, die Knie gegen die (nicht abschließbare) Tür gedrückt kauern muss. Und die Spülung geht auch nicht. Mist.

Dennoch, der Gesamteindruck ist super und eins ist klar: ich komme wieder!

Uriges Kneipchen I Uriges Kneipchen II Uriges Kneipchen III Uriges Kneipchen IV

Affenhitze

Der Sommer in Damaskus geht in etwa von Juni bis September. Ganz besonders fies heiße Monate sind dabei der Juli und der August. Aktuell sind es laut der Wetteranzeige in der Sidebar 36°C. Letzte Woche waren es teilweise bis zu 43°C. Das schlaucht enorm, deshalb aktuell:

Überlebenstipps für heiße Tage (nicht Deutsche Bahn-erprobt)

  1. Klimaanlage kaufen!
    Haben wir aber nicht und können wir uns grad auch nicht leisten, deshalb
  2. Ventilator kaufen!
    Schafft nur geringe Abkühlung, bei über 40°C erfüllt das Aufwirbeln der heißen Luft mehr die Funktion einer Heizung, das Geräusch geht auf Dauer enorm auf die Nerven, deshalb
  3. Kalt duschen!
    Schafft nur vorübergehend Abkühlung, und das Leitungswasser ist auch nicht wirklich kalt, aber immerhin. Wasser ist trotz der Geographie Syriens superbillig, daher auch eine Variante, die stündlich wiederholt werden kann.
  4. Waschlappen > Schüssel mit Wasser > Kühlschrank
    Kann man sich zwischen zwei Duschen wunderbar mit abkühlen. Eiskaltes Wasser auf die Haut und dann vor den Ventilator setzen. Mmmmhhhh. Auch sehr vor dem Einschlafen zu empfehlen.
  5. Viiiiieeel Trinken!
    Es wird stets weise behauptet, man solle etwas heißes Trinken, um sich abzukühlen, aber dem kann ich nichts abgewinnen. Stets ein Kilo Eiswürfel im Eisfach, und literweise Wasser (zur Abwechslung auch Saft und Cola) trinken, kühlt nicht nur ab, sondern muss auch sein, bei der Menge an Flüssigkeit, die man täglich ausschwitzt.
  6. Wassermelone essen!
    Die Nationalspeise, kühlt, füllt den Magen, schmeckt. Praktischer Sommernebeneffekt: da man kaum etwas anderes als Melone und Wasser zu sich nimmt, schwinden Fettpölsterchen schweigend dahin.
  7. Alle Fenster und Türen auf!
    Natürlich nur, wenn man keine Klimaanlage hat. Zumindest abends bzw. nachts setzt sich die leicht abgekühlte Luft etwas in Bewegung. Das will man sich sicher nicht entgehen lassen. Ventilator in die Tür stellen und die Brise genießen!

Ach ja, ich wünschte, es gäbe hier Freibäder... Schönen Sommer noch!

Freitag, 23. Juli 2010

Solch syrische SIM-Karten

Wenige Tage nach meiner Ankunft in Damaskus beschloss ich, mir eine syrische SIM-Karte für mein Handy zu kaufen, denn meine AL*I-Karte funktionierte erwartungsgemäß natürlich nicht. Mein Konversations-Arabisch war zu diesem Zeitpunkt noch auf einem äußerst bescheidenen Level, aber so schwierig kann das ja nicht sein - dachte ich mir.

Zunächst mal gibt es zwei Mobilfunk-Anbieter: Ya Hala und MSN. Unterschiedlich ist aber nur der Name, die Preise sind bei beiden gleich. Soweit verstand ich auch den Menschen hinter dem Tresen im Handy-Shop. Aber dann fingen die Schwierigkeiten an. Man kann sich nämlich nicht einfach so eine SIM-Karte kaufen, ins Handy einlegen und lostelefonieren. Zwar gibt es keine Handyverträge sondern nur Prepaid-Karten, aber dennoch muss zunächst mal ein Formular mit einer ganzen Menge persönlicher Daten ausgefüllt werden. Nun gut, Name, Geburtsdatum etc. bekam ich noch einwandfrei hin. Adresse? Da fängt es an. Bei über sieben Ecken Bekannten von Bekannten untergekommen weiß ich doch nicht, wo sie wohnen. Straßennamen gibt es hier selten und Hausnummern nie, aber wenigstens den Stadtteil hätte er schon gern gehört. Nach einer Weile gibt er auf und lässt dieses Feld schließlich frei. Doch es geht munter weiter: Name des Vaters. Immerhin weiß ich, wie mein Vater heißt, aber eine Reihe von Missverständnissen lässt auch diesen Punkt in ein großes Fragezeichen ausufern. Zunächst mal bin ich verwundert, dass er diese Angabe überhaupt braucht. Himmel, ich will doch nur eine Prepaid-Karte! Aber natürlich muss stets für gewisse Herrschaften nachvollziehbar sein, was, wieviel und mit wem ich so telefoniere, das leuchtet auch mir schließlich ein...* Also gebe ich ihm den Nachnamen meines Vaters, der - welch Überraschung - der gleiche ist wie meiner. Der Mann hinterm Tresen ist verwirrt. "Königs Königs?" "Nein!" Letzten Endes wird klar, er will den Vornamen meines Vaters, und auch nur den, der Nachname ist völlig uninteressant für ihn.

Schließlich gehe ich mit meiner hart erkämpften SIM-Karte nach Hause und lasse mir zunächst mal meine Adresse auf einen Zettel schreiben. Daran, die Vornamen meiner Eltern in jedes Formular zu schreiben, habe ich mich inzwischen gewöhnt, der Sinn hat sich mir jedoch bis heute nicht vollständig erschlossen. Sagen wir mal, ich hieße Kerstin Abendroth und mein Vater hieße Peter Würfelspitz. Was hat irgendjemand davon, wenn ich in jedes dahergelaufene Formular "Peter" schreibe - besonders, wenn nirgendwo Würfelspitz steht? Vielleicht bin ich aber auch zu weltnah, um bürokratische Herangehensweisen nachvollziehen zu können...

* Die persönlichen Daten sind also im Zusammenhang mit der Telefonnummer gespeichert. So weit, so (naja) gut. Besonders toll aber, wenn jemand seine Telefonnummer wechselt, um nicht mehr von jemand anderem belästigt zu werden, und dieser andere Jemand auch die neue Nummer herausbekommt. Da war wohl einer der gewissen Herrschaften bestechungsanfällig...*räusper*

Donnerstag, 22. Juli 2010

Rauchfrei

Seit dem 21. April diesen Jahres ist Syrien rauchfrei. Wer hätte das gedacht. Wenn der Taxiblogger sich über Blitzer auf Syriens Straßen wundert, dürfte ihn das auch überraschen. Ganz zu schweigen von Fahrkartenkontrolleuren im öffentlichen Personennahverkehr... Aber zurück zur Qualmerei. Es wurde also ein Gesetz verabschiedet, welches das Rauchen in aller Art von öffentlichen Einrichtungen (auch Taxis zählen dazu) verbietet, inklusive dem Narjile-(Wasserpfeife) Rauchen in Cafés und Restaurants. Strafen bewegen sich im Bereich von 500 bis 100.000 SP (ca. 8 - 1600€).

Das ist natürlich eine löbliche Sache im Sinne des Nichtraucherschutzes, auch wenn ich den Prozentsatz syrischer Nichtraucher als sehr, sehr niedrig einstufen würde. Hier raucht eigentlich fast jeder. Eine Schachtel Zigaretten kostet etwa 50 SP (ca. 0,80€), die syrische Eigenmarke al-Hamraa ist noch einmal günstiger (schmeckt aber auch so). Das hat auch meinen Zigarettenkonsum enorm in die Höhe schnellen lassen. Die Narjile ist ja schon so etwas wie ein Volkssport und noch zusätzlich eine touristische Einnahmequelle in den Cafés der Altstadt. Besonders im Winter, wenn es auch hier zu kalt zum draußen sitzen wird, dürfte das neue Gesetz sich ganz enorm auf die Einnahmen in der Gastronomie auswirken. Ganz ähnlich wie in Deutschland gibt es für die Gastronomen zwar die Möglichkeit, abgetrennte und ventilierte Raucherräume einzurichten, aber ähnlich wie in Deutschland kommt das für viele aus finanziellen Gründen oder aus Platzmangel ("Ein-Raum-Kneipen") nicht in Frage. Ob man sich hier aus Deutschland die Idee der sogenannten "Raucherclubs" abgucken wird, bleibt abzuwarten. Eingehalten wird das Gesetz in den Cafés aber durchaus, soweit ich das überblicken kann. Taxifahrer scheren sich hingegen deutlich weniger darum, sie qualmen weiter und erlauben das auch ihren Fahrgästen, obwohl sie locker ihre Tageseinnahmen loswären, würden sie erwischt. Ist eine Polizeistreife in Sichtweite, wird der Glimmstängel eben schnell entsorgt.

So oder so, die Bürger nehmen es friedlich hin und laut Syria Today finden viele auch lobende Worte für das neue Gesetz. Mal schauen, wann der Staat auf den Trichter kommt, dass notorische Raucher auch Tabaksteuern in schwindelerregenden Höhen mit nicht viel mehr als einem leisen Murren hinnehmen...

Schuh-bi-du

Grad auf dem Weg nach Hause löst sich doch ganz frech der Riemen einer meiner Schuhe, so dass nichts mehr meinen Fuß mit diesem Schuh zusammenhalten mag. Es sieht nicht so aus, als ob das etwas behebbares wäre, so dass sowohl der heile Schuh als auch sein unglücklicher Bruder im nächsten Mülleimer landen. Und schon bekommt die endlose Aneinanderreihung von zahllosen Klein- und Kleinstgeschäften, ganz im Gegensatz zum europäischen Einkaufszentrum / Shoppingmall - Wahn, einen sehr praktischen Zweck. Anstatt den Weg bis nach Hause barfüßig zurücklegen zu müssen, schlüpfe ich nach fünfzig Metern in das nächste Schuhgeschäft und bin kurz darauf stolze Besitzerin eines neuen Paares Schuhe und lediglich um 250 SP (Syrische Pfund, also ca. vier Euro) ärmer. Meine neuen "Made in China" - Sandalen haben neben ebendiesem Schriftzug sogar eine syrische Handynummer auf dem Fußbett stehen. Ob ich da mal anrufen soll...?

Mittwoch, 21. Juli 2010

Unzüchtige Waden

Wer in Richtung des Nahen und Mittleren Ostens reist, weiß für gewöhnlich zwischen angebrachter und unangebrachter Kleidung zu unterscheiden. In Syrien mag das ein bisschen schwieriger sein, gibt das Straßenbild doch alles her: vollverschleierte Frauen, die selbst noch die Augen verhüllen, junge Mädels mit Kopftuch und formverdeckenden, aber dennoch modischen Mänteln, aufgestylte Mädels mit und ohne Kopftuch, die sich in enge Jeans Marke "Arsch beißt Hose" zwängen und diesen Arsch abends in den Ausgehvierteln wackelnd spazieren führen - was besonders mit Kopftuch ein sehr paradoxes Bild ergibt. Klar ist dennoch: allzuviel Haut sollte nicht herausscheinen. Nicht, dass die Syrer irgendwie moralischer wären als der Rest der Welt, aber sie arbeiten daran, zumindest das "so-tun-als-ob" zur Perfektion zu bringen. Hinter verschlossenen Türen wird gestritten, gehasst, geliebt, versöhnt, Liebe gemacht, Affären gepflegt, gelästert, getrunken, eben alles, was Menschen so machen. Es darf das nur ja niemand mitbekommen. Ich glaube, das nennt man Doppelmoral. Beispiele? Immer doch.

Unsere Nachbarn können uns nicht ausstehen und alle anderen Nachbarn wissen das. Bitteschön, das tangiert mich höchstens peripher. Man könnte sich ja nun einfach so weit wie möglich aus dem Weg gehen und Nachbarn Nachbarn sein lassen. Doch Streit und Zwietracht haben in der syrischen Welt offiziell nichts zu suchen. So müssen wir den offiziellen "Glückwunsch zur Hochzeit"-Besuch über uns ergehen lassen, ein wahrer Spießrutenlauf, besonders für mich, da unsere Wohnung und jeder Handschlag von mir kritisch beäugt wird, denn eine gute Ehefrau für einen syrischen Mann kann so eine dahergelaufene Ausländerin doch bestimmt nicht sein. Ja, nun hätten wir die Herrschaften ja nicht in unser Haus lassen müssen, nicht wahr? Aber wer wäre dann in den Augen der restlichen Nachbarschaft völlig untendurch? Nein, Form und Anstand müssen gewahrt werden, und wir haben uns doch alle ganz dolle lieb.

Aber zurück zur Kleidung, deren Faden ist mir doch glatt abhanden gekommen. Das eigentlich Beispiel: mein Mann sitzt vor dem Haus und trinkt Tee. Er lädt mich ein, ihm Gesellschaft zu leisten. Aber sicher, warum nicht? Nun, meine aktuelle Bekleidung, die ja vorwiegend für im Haus gedacht war, sieht so aus: ein T-Shirt und eine kurze Hose, so etwa bis zu den Knien. Aber wir laufen ja nicht durch die Stadt, ich begebe mich nur direkt vor mein Haus und so belasse ich es dabei. Auch mein Mann stört sich nicht daran. Schon bald kommt eine Nachbarin vorbei, wir haben uns bisher noch nicht gesehen. Sie unterhält sich auf Arabisch mit meinem Mann, fragt wer ich bin, woher ich komme. Mich persönlich zu fragen, wenigstens um herauszufinden ob ich sie verstehe, das kommt ihr nicht in den Sinn. Ich verstehe sie, zwar nicht hundertprozentig, aber mehr als genug. Eine Schande sei es, dass ich so hier sitze, in diesen Klamotten, dieser kurzen Hose, wo mich jeder sehen könne. Aber ich sei ja Ausländerin, da sei das wohl so. Doch er müsse mir schon sagen, wie ich mich zu kleiden habe, denn so gehe das ja nicht. Sprachs und zog von dannen. Nun, ihre Meinung überrascht mich nicht zu sehr. Aber kann man sowas nicht entweder für sich behalten und woanders ablästern, oder es mir ins Gesicht sagen? Ein Grinsen kann ich mir aber nicht verkneifen, als mein Mann sagt "Mach dir nichts draus. Jeder hier weiß, dass sie ihren Mann betrügt." Oh, du wunderschöne Doppelmoral...

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