Alltägliches

Freitag, 22. Oktober 2010

Partytime

Och nööö, die Tochter vom Nachbar zwei Häuser weiter heiratet morgen. Sei's ihr gegönnt, aber das heißt, bis in die Nacht muss ich diese arabische Partymusik-Beschallung ertragen. Und wenn ich alle Fenster zumach ist es nur ein kleines bisschen weniger laut, dafür aber ganz doof stickig. *Seufz*

Dienstag, 19. Oktober 2010

On the other side

liebe mia,
sehe da gerade auf deiner seite DAMASKUS 29 GRAD !
also ehrlich, wie schwierig es auch sein mag kleine mengen notwendiger lebensmittel einzukaufen, DAS wiegt es auf ! [...]
der himmel hängt so tief dass man meint ihn berühren zu können, es regnet, und die aussentemperatur hat sich auf 7 in worten :sieben grad eingependelt.
ja gut, hat auch was schönes, der kachelofen ist angenehm warm, der cay schmeckt besonders gut, dicke socken sind was gemütliches, und der fernseher kommt verstärkt zum einsatz :).
ich würde TROTZDEM gerne auf die vorher genannten dinge verzichten, wenn ich bloss im T-shirt und noch was rumrennen könnte. [...]

Liebe Schreiberin,
es bewahrheitet sich auch beim Wetter, was sich schon in manch anderen Bereichen (Beschaffenheit der Haare, Anwesenheit von Sommersprossen etc.) zeigt: auf der anderen Seite ist das Gras immer grüner. Egal auf welcher Seite man gerade ist. Sicher, 29 Grad sind toll. Gegen die Temperatur habe ich auch gar nichts einzuwenden. Ist ja erst seit kurzer seit Monaten so, dass man nicht vor Hitze zerfließt, ermattet sich Luft zufächelnd auf dem Sofa hängt und schon die Luftzufächelhandbewegung mehr Energie verbraucht als man eigentlich zu geben imstande ist. Toll ist es trotzdem nicht. Also die Temperatur an sich schon, man friert nicht und schwitzt auch nicht, das ist echt optimal. Leider aber befindet sich in dieser wohltemperierten Luft kaum ein Fünkchen O2, Sauerstoff, die Luft ist im wahrsten Sinne des Wortes stickig, überreich an Stickstoff. Tagsüber lässt es sich noch irgendwie aushalten, nachts ist es aber extrem unangenehm. Ich habe schon mehrere Nächte damit verbracht, mich einige Stunden lang von einer Seite auf die andere zu wälzen und mich alle paar Minuten aufzurichten bei dem Versuch, meine Lungen mit mehr Sauerstoff zu füllen, bis ich dann irgendwann im Morgengrauen in einen unruhigen Schlaf falle. Was würde ich zu dieser Zeit nicht geben für ein paar Atemzüge klirrend kalte Winterwaldluft! Zugegebenermaßen würde ich mich nach ein paar Wintertagen dann auch wieder in die syrische Wärme zurücksehnen. So isser halt, der Mensch... immer was anderes wollen. Aber das Leben ist nunmal kein Ponyhof ;)

Freitag, 15. Oktober 2010

Mengenproblematik

Da gibt es noch etwas, das im Hinblick auf den täglichen Einkauf zu beachten ist: die Mengenproblematik. Syrer sind ja Familienmenschen, unter fünf Leute pro Haushalt kann man da kaum erwarten. Eher mehr. Wenn die jetzt für ihr Mittagessen einkaufen, kaufen die natürlich immer gleich ein paar Kilo Kartoffeln. Soviel brauchen wir aber nicht, und soviel braucht ein Singlehaushalt - ich verwette so einiges darauf, dass es dieses Wort so im Arabischen gar nicht gibt - schon gar nicht. Vor einiger Zeit wollte ich mal eine einzelne Zitrone haben. Der Verkäufer lachte und schenkte sie mir. Dann wollte ich vier Tomaten. Der Verkäufer guckte irritiert und schon hatte ich ein Kilo in der Hand. Hundert Gramm Oliven habe ich zwar bekommen, aber auch das wurde wohl für komisch befunden. Ich habe gelernt und weiß jetzt, dass man Obst und Gemüse nicht nach Stückzahl kauft, sondern nach Kilo, und unter einem halben Kilo braucht man da gar nicht erst anzufangen. Außer natürlich man will stets die eine Zitrone und eine Zwiebel geschenkt bekommen ;). Bei all den Krautbündeln ist es auch schwierig, denn wenn drei Bund Petersilie zehn Pfund kosten, und das kleinste gängige Geldstück fünf Pfund ist, wie kauft man dann ein Bund? Natürlich kann man bei dem Preis auch die drei Bund nehmen, aber dann kann man zweieinhalb davon entsorgen, und Essen wegwerfen gehört sich doch nicht.

Immerhin sind wir jetzt schon ein Zweipersonenhaushalt, und mein Mann erzählte lachend beim Alban wa-Ajban, bei dem er regelmäßig einkaufte, dass die Einhundertgrammkäse-Zeit nun endlich vorbei sei. Richtig, jetzt hat die Zweihundertgrammkäse-Zeit angefangen. Und das ist vermutlich nicht wesentlich weniger seltsam als zuvor.

Sonntag, 10. Oktober 2010

Lagebericht

Sommer, Affenhitze, zwei oder drei angenehme Tage und -zack- ist es Herbst, ich friere und muss wieder wärmere Sachen anziehen. Jahreszeitenwechsel gehen hier in Syrien so abrupt von statten, da kann man kaum *Donaudampfschiffahrtsgesellschaftskapitän* sagen, so schnell geht das. Da unten in der Seitenleiste steht zwar, es wären 23°C, aber das kann ich nicht so recht glauben. Nun hab ich kalte Füße, weil ich nur entweder Socken oder Hausschuhe tragen kann, die Hausschuhe haben nämlich so ein Riemchen zwischen dem großen Zeh und dem daneben. Muss ich wohl schon wieder Schuhe kaufen.

Ansonsten ist mein momentaner Gemütszustand leicht angepisst, was aber nicht am Wetter liegt, sondern am permanenten Rumhängen in vier Wänden und der (Doppel-)Moral der Welt außerhalb und leider sogar manchmal innerhalb dieser vier Wände liegt. Syrien nervt mich heute, ich will zurück, aber der Herr Sachbearbeiter kommt auch nicht so recht in die Pötte, und dieses Jahr wird das wohl nichts mehr mit dem Zurück. Ich seufze einmal laut und lasse einen Gedanken zu Modeste rüberfliegen, die grad mindestens genauso angepisst wie ich zu sein scheint.

Sonntag, 3. Oktober 2010

Wie man einen Schwarzmarkthändler ärgert

Man stelle sich hinter eine Säule oder etwas Vergleichbares in der Nähe der Schwarzmarkthändler und rufe mit leicht sorgenvollem Unterton "Shurta" (Polizei) in die illustre Runde. Dann beobachte man die perfektionierte Technik, alle ausliegenden Waren und sich selbst binnen Sekunden spurlos verschwinden zu lassen. David Copperfield würde blass vor Neid werden.

Nun bin ich natürlich nicht so gemein, durfte dieses Schauspiel aber in Aleppo bewundern (in Damaskus dürfte das nicht viel anders aussehen), als tatsächlich Polizei in der Nähe war. Auf dem Bürgersteig gegenüber einer Reihe regulärer Geschäfte hat eine ganze Riege dieser fliegenden Händler ihre Waren ausgebreitet: Schmuck, Unterwäsche, Sonnenbrillen. Plötzlich der warnende Ruf: Polizei! Der eine packt seine Decke an vier Zipfeln, schwingt die derart innerhalb einer Sekunde verstauten Waren auf den Rücken und macht sich davon. Der nächste hatte einen Tisch aufgebaut. Wie lässt man den genauso schnell verschwinden wie eine Decke? *Klapp*, fertig! Es ist ein Spezialtisch, vermutlich von Schwarzmarkthändlern für Schwarzmarkthändler konstruiert, geeignet natürlich nur für nicht so leicht zerstörbare Waren. Einfach in der Mitte zusammenklappen und die zwischen die beiden Seiten der Tischplatte gequetschten BH'S unter dem Arm davontragen.

So leert sich binnen Sekunden das Trottoir und es gibt heute nichts für die Polizei zu fangen.

Donnerstag, 30. September 2010

Aus Russland mit Liebe

Dieser Artikel erklärt, warum ich so oft für eine Russin gehalten werde. Offenbar sind russische Hochzeiten hier wesentlich üblicher als deutsche. Ein Relikt aus der Zeit der UdSSR. Viele Syrer gingen zum Studium nach Russland und brachten ihre dort gefundene Liebe mit zurück nach Hause. Die halb-russischen Kinder haben teils noch gute Kontakte in die Heimat und sicherlich werden auch in dieser Generation noch viele russische Ehen geschlossen. Und auch der ein oder andere Syrer ohne russischen "Background" findet in dieser Region noch heute seine Frau. Es gibt Viertel in Damaskus, die sind aufgrund ihrer hohen russischen Bevölkerungsrate auch schon als "russisches Viertel" bekannt, da wäre zum Beispiel ein Neubaugebiet relativ zentrumsnah, mit vielen grauen Hochhäusern. Nicht erwähnt wird in dem Artikel allerdings, dass viele russische Frauen, die syrische Männer heiraten, dies vorwiegend tun, um ihr Geld hier in Nachtclubs verdienen zu können. Das bringt der bei mir wegen meiner hellen Haut so oft vermuteten russischen Nationalität einen fauligen Nebengeschmack bei. Aber wenn einen der nette Mann vom Bürgerservice fragt, dann klärt man ihn zwar über die korrekte Herkunft auf, behält aber ansonsten das festgetackerte liebenswürdig-unterwürfige Lächeln im Gesicht...

Sonntag, 26. September 2010

Shopping

Allzuoft gehe ich ja gar nicht selbst einkaufen, aber wenn, dann gibt es immer was zu erzählen. Neulich auf dem Markt: ich kaufe Tomaten. Ich sehe einfach so wahnsinnig un-syrisch aus, da kann man wohl nichts machen.Wir wohnen in einer Gegend, in der sich eigentlich recht wenig Ausländer herumtreiben, so bleibt mir nichts anderes übrig, als mich angesprochen zu wähnen, als es vom Stand gegenüber herübertönt: "Apples, twenty-five pound, apples!" Ein Lob auf seine Englischkenntnisse, aber ich brauche diesmal keine Äpfel.

Später dann beim Trauben-Kauf: "Madame oder ledig?" Ich weise auf meinen Ring. "Amerikanerin?" - "Nein, Deutsche. Aber mein Mann ist Syrer." Ein Satz, wie eine Lanze vor mir hergetragen, dessen Metaebene dem syrischen Mann zuflüstert 'Das ist eine ehrbare Frau, Finger weg'. Zudem macht er mich auch irgendwie syrisch, wie auch dieser Obstverkäufer mir nun wieder bestätigt: "Na dann sind sie auch Syrerin!" Tolle Sache :)

Schließlich noch zum Alban wa-Ajban (in etwa: Milch- und Käsehändler, gibt aber mehr als nur das dort). Der Mann dort ist einer der überraschend netten Sorte, er kennt meinen Mann, das hilft vielleicht, dumme Sprüche zu vermeiden. Aber er denkt auch mit. Mein mittelprächtiges Arabisch reicht meist zum Einkaufen, aber wenn irgendwas unklar ist, finden wir zusammen raus, was ich meine. Er geht auch immer auf Nummer sicher, dass ich das richtige bekomme. Wenn ich zum Beispiel "Laban" haben will (Joghurt), fragt er zweimal nach, um sicherzugehen, dass ich nicht vielleicht "Labneh" (Quark?) meine. Und soweit ich das überblicken kann, hat er mich auch noch nie beim Preis beschissen, was schon als echte Sensation durchgehen kann.

Nach dem Einkaufen gab es dann mittags einen Hühnernudeltopf, zugleich magenfreundlich (für mich) und gut bei Erkältung (für's Männe).

Freitag, 24. September 2010

Bindest du noch oder OB'st du schon?

Im Grunde ist es ja völlig gleich, so wie einer Kaffee und ein anderer lieber Tee trinkt, so benutzt die eine OB's, die andere lieber Binden. Ich benutze lieber OB's, aber die gibt es in Damaskus nur in wenigen Geschäften und zu exorbitanten Preisen zu kaufen. Das kann zu lustigen Situationen führen, so brachte der Freund einer Freundin für sie Tampons aus Deutschland mit. Da er als Mann aber keinen blassen Dunst von der Thematik hatte, kaufte er in der Drogerie einfach von allen Formen, Farben und Größen etwas. Das Gesicht der Verkäuferin hätte ich gern gesehen. Also finde ich mich mit Binden ab, das ist ja auch nicht weiter dramatisch. Irgendwann meinte ich mal scherzhaft, dass ich ja einen Tampon-Import eröffnen könnte, um mir eine goldene Nase zu verdienen. Mit ein bisschen Nachdenken kam ich aber schließlich darauf, dass mich ein derartiges Geschäft auf schnellstmöglichem Wege in den Konkurs führen würde.

Es ist ja nicht so, dass OB's in diesem Teil der Welt völlig unbekannt wären. Es will eben nur niemand sie benutzen. Dabei ist die teilweise durchaus als verklemmt zu bezeichnende Haltung zum eigenen Körper, die es nicht erlaubt, einen Finger in diese tabubelegte Region zu bringen (ich habe nicht darauf geachtet, ob es auch Einführhilfen zu kaufen gibt), nur das geringere Problem. Die weitaus größere Problematik liegt in der weitverbreiteten Erwartung von Jungfräulichkeit, die noch immer durch einen Blutfleck auf dem Laken in der Hochzeitsnacht erwiesen werden muss. Da muss notfalls auch nochmal der Doktor mit Nadel und Faden nachhelfen. Ein Tampon könnte nun dieses bedeutungsschwangere Stückchen Haut ja durchaus verletzen. Wie wir (also die Bravo-Generation) ja schon lange wissen, kann das Jungfernhäutchen durch alles mögliche einem frühzeitigen Ableben frönen, ohne dass irgendeine "Unzüchtigkeit" begangen werden müsste. Aber das wiederum einem Mann begreiflich zu machen, der Blut sehen will, das steht auf einem anderen Stück Papier. Ein jungfräuliches Fräulein wird sich also fein hüten, etwas anderes als Binden zu benutzen. Dementsprechend wird sich aber jedes Fräulein hüten, denn ein Tamponkauf käme in diesem Sinne ja dem Ausruf gleich: "Sieh her, ich muss mir keine Gedanken um mein Hymen machen, ich bin schon längst keine Jungfrau mehr!". Und wer würde das schon Onkel Ahmed* anvertrauen wollen? Die Zielgruppe meines Tampon-Imports wären also nur noch verheiratete Mütter, und die dürften sich in ihren jungen Jahren schon so an die Binde gewöhnt haben, dass die Nachfrage auch dort gering sein dürfte.

Ich schätze, ich brauche eine neue Geschäftsidee... vielleicht einen Glühwein- (alkoholfrei) und Brat- (Rinds-)Wurststand im Winter?

*arabisches Gegenstück zu Tante Emma

Mittwoch, 15. September 2010

Die hohe Kunst des Narjile-Rauchens

Ich verbringe jetzt regelmäßig meine Abende damit, vor der Wohnungstür zu sitzen, ein Buch zu lesen und eine Narjile (Wasserpfeife) zu rauchen. Ich hoffe, dass das noch eine Weile so weitergehen kann, denn die Temperaturen erreichen zwar tagsüber immer noch 30 Grad und mehr, aber nachts wird es so langsam schon etwas kühler. Meine Hausschuhe, die nach einem Ausrutschunfall auf der Treppe recht lädiert waren, habe ich in Flipflops umgearbeitet und jetzt hab ich kalte Füße...

Das Narjile-Rauchen aber, das ist eine hochkomplizierte Angelegenheit, man müsste Ausbildungen dafür anbieten, zehn Jahre, so wie angeblich für's Kugelfisch-Zubereiten (wobei die Narjile eventuell weniger gefährlich ist). Ich selbst bin da noch blutiger Laie. Dennoch sei hier alles, von dem ich weiß, dass man es beachten muss, erwähnt.

Die Narjile selbst besteht aus einem vasenartigen Glasgefäß, einem Aufsatz mit Rohr, in das oben der 'Kopf', der tönerne Tabakbehälter aufgesetzt wird. Darum befindet sich noch eine Aschen-Auffangschale, man kann außerdem einen Windschutz über den 'Kopf' stülpen bei Bedarf. Seitlich des Rohrs befindet sich eine Öffnung in die der Schlauch gesteckt wird, an dessen Ende sich das Mundstück befindet. Narjiles gibt es in kleinen, großen, schlichten, prunkvollen, sprich allen möglichen Ausführungen zu kaufen. Es gibt auch Gemeinschafts-Narjiles, in die mehrere Schläuche hineinpassen. Wie man beim Narjile-Kauf Qualitätsunterschiede erkennt und welche Eigenschaften sich überhaupt positiv oder negativ auf das Rauchen an sich auswirken weiß ich nicht, da müsste man sich mal vom Profi beraten lassen. Narjile ist übrigens hocharabisch, oft wird sie in Syrien auch "Argile" genannt.

Will man nun der Narjile-Schmaucherei frönen, braucht man als nächstes Tabak, hier "Mu'assal" (Honig) genannt. DIe klassische Geschmacksrichtung ist Doppelapfel. Warum doppelt? Marketingstrategie würde ich sagen. Ein Markt ist ja auch nicht einfach ein Markt, sondern stets ein Supermarkt. Und der Apfeltabak ist eben immer Doppelapfeltabak ("Tuffahatain"). Aber es gibt alle erdenklichen Geschmacksrichtungen, Traube, Kirsche, Multifrucht, Kaugummi etc. Nach einigem Rumprobieren bin ich dann doch immer wieder zum zweifachen Apfel zurückgekehrt (das ist außerdem auch der Günstigste..). Der Tabak ist klebrig-nass, und darf meines Wissens wegen seiner hohen Feuchtigkeit so nicht in Deutschland eingeführt werden, weshalb es dort extra Feuchtigkeitsmittel zu kaufen gibt, um das wieder auszugleichen. Den Tabak lockert man mit den Fingern auf und gibt ihn in den 'Kopf'. Ein flacher Kopf, soviel steht aus Erfahrung fest, produziert mehr Rauch und braucht weniger Feuer, kratzt dafür aber auch mehr im Hals, eine der unangenehmen Begleiterscheinungen, die es durch kunstvolle Narjile-Zubereitung zu umgehen gilt. Ein tieferer Kopf produziert weniger dichten Rauch und man muss stärker ziehen, dafür kratzt es eben weniger. Ich habe mich für diese Variante entschieden. Der Tabak wird dann in seinem Gefängnis, in dem sein Verbrennungsschicksal schon feststeht, mittels Alufolie eingesperrt. Es gibt zurechtgeschnittene Stücke zu kaufen, aber das kann man natürlich auch selbst machen. Wichtig ist, dass die Folie seitlich gut angedrückt wird und keine Luft von der Seite eindringen kann. Die Folie wird dann mit einer Nadel eingestochen, viele kleine Löchlein, in die Mitte kommt nur ein etwas größeres Loch und drumherum bleibt ein kleiner Radius frei. So soll verhindert werden, dass der Tabak zu heiß wird und zu schnell verbrennt. Entweder hat man nun eine Plastikdichtung oder man wickelt ein Stück nasses Papiertaschentuch um den unteren Teil des 'Kopfes', so kann man ihn lückenlos in die Narjile stecken und es kommt auch von dort keine Luft in das Gebilde. Ebenso müssen das Rohr auf dem Glasgefäß und der Schlauch am Rohr befestigt werden. Das Glasgefäß füllt man vor dem Zusammenbau mit frischem Wasser, etwa bis zur Verengung des Halses hin. Manch einer schüttet auch noch Raki dazu, das ergibt einen sehr speziellen Geschmack, aber auch sehr spezielle Kopfschmerzen. Den Schlauch spült man zunächst mit Wasser durch. Die Syrer machen das eher nicht so, die benutzen das gleiche Wasser und den ungeputzten Schlauch wochenlang, aber ich finde, die Narjile schmeckt besser, wenn man das alles sauber hält. Dann bekommt man auch nicht aus Versehen Tabak-oder Aschekrümel in die Luftwege.

Die Narjile ist jetzt fertig vorbereitet, was noch fehlt ist die Kohle. In Deutschland gibt es so Kohle-Plättchen zu kaufen, die man auf den Tabakkopf legen kann, aber die fand ich schon immer unpraktisch. Brennen schlecht, obwohl sie gerade das besser können sollen, und lassen die Mitte nicht frei. Hier in Syrien gibt es Kohle immer in Päckchen mit fünf oder sechs Riegeln für fünfzehn bis zwanzig Pfund zu kaufen. Einen Riegel legt man auf den Gaskocher bis er ordentlich glüht, ein oder zwei weitere werden nur kurz von der Flamme geküsst, die glühen sich mit der Zeit (also bis man sie braucht) schon selbst durch. Mit einer Zange befördert man die Kohle in ein geeignetes Gefäß (Zange und geeignete Metallschale gibt es meist mit der Narjile zu kaufen) und stellt diese neben die Narjile. Das glühende Kohlestück wird in etwa drei Stücke geteit (wenn man draußen raucht, ist auf-den-Boden-fallen-lassen eine einfache und übliche Variante) und diese Stücke auf den Tabakkopf gelegt, dabei wird die Mitte ausgespart, dort soll nichts brennen. Nach ein paar Mal kräftig ansaugen (für Gemeinschaftsnarjiles gibt es übrigens auch hygienische Einwegmundstücke) sollte die Narjile jetzt gut funktionieren. Wenn sie zu stark ist, kann man ein Kohlestück vorläufig wieder runternehmen. Die optimale Kohlemenge- und Verteilung ist eines dieser Rätsel, das man vermutlich erst im siebten Ausbildungsjahr lösen kann. Jedenfalls wird man immer wieder beschäftigt sein, die Kohle von der Asche zu befreien und neue Kohle aufzulegen.

Eine unangenehme Eigenschaft der Narjile neben kratzigen Hälsen ist es, dass sie manchmal Kopfschmerzen und Schwindel hervorrufen kann, mitunter sogar recht heftige Schwindelanfälle. Woran das liegt weiß ich nicht, es passiert auch nicht allzu oft. In diesem Falle sollte man natürlich sofort die Narjile stehen lassen und sich selbst eine Weile hinlegen, dann geht es für gewöhnlich nach einigen Minuten von ganz allein besser. Die Narjile bleibt für diesen Abend natürlich unberührt! Wenn man, wie ich neulich, leichten Schwindel einfach ignoriert (man sitzt ja grad, es stört ja nicht...) und munter weiterraucht, dann wird man für solch eine Dummheit natürlich auch gebührend bestraft: starker Schwindel, Kopfschmerzen, dröhnendes Ohrensausen. Pfui.

Aber mit diesen letzten Zeilen sei niemand abgehalten, den Rauch zu genießen und das eigene sowie anderer Leute Gesicht mit obstduftigen Nebelschwaden verzieren, ganz wie die blaue Raupe Absolem in Alice im Wunderland.

Freitag, 3. September 2010

Taxi, Taxi VI

Im Gegensatz zu dem Taxifahrer, der mich am gleichen Tag beförderte, mir für einen Weg, der fünfzehn Pfund gekostet hätte, fünfzig abknöpfte und auf meine Forderung nach mehr Wechselgeld pampig wurde (ich bin dann einfach ausgestiegen, für umgerechnet vielleicht fünfzig Eurocent kann er mir mal den Buckel runterrutschen), hatte dieser hier immerhin eine Geschichte parat.

Da er sehr schnell und sehr umgangssprachlich redete, kann ich nicht alles hundertprozentig rekonstruieren, aber die Quintessenz konnte ich herauskristallisieren. Der gute Mann hat eine Tochter, aber die ist krank und muss operiert werden. Irgendetwas im Bereich des Oberkörpers, er gestikulierte und deutete eventuell an, dass sie ihr quasi dem ganzen Oberkörper aufgeschnitten hätten. Ich war dann aber auch ganz froh, als seine Hände nach dieser Gebärdensprachen-Aktion wieder ihren Weg ans Lenkrad fanden. Außerdem hörte ich das Wort Feuer. Vielleicht hat sie sich den Oberkörper auch verbrannt? ich habe keine Ahnung, jedenfalls geht es ihr nicht gut. Und der Vater muss natürlich stets teure, teure Medikamente kaufen. Und das Krankenhaus bezahlen. Ach oh weh. Mir ist schon klar, was er erreichen will, ein dickes Trinkgeld, ob er überhaupt eine Tochter hat, und falls ja, ob die tatsächlich krank ist, ist überaus fraglich. Aber da er soviel Mühe aufgewendet hat, mir diese Geschichte halb sprachlich, halb gestikulierend zu erzählen, und mir stets Gottes Segen wünschte, nachdem ich seiner Tochter alles Gute gewünscht hatte, will ich mal nicht so sein. Ich runde die Bezahlung - meines Erachtens - großzügig auf. Aber er fragt nochmal nach, ob da nicht noch was geht, schließlich geht es der Tochter so schlecht... na gut, lieber lasse ich mich mit einer dramatischen Geschichte übers Ohr hauen, als mit schlichter Unfreundlichkeit, und so bekommt er für seine 70 SP - Fahrt schließlich beinahe das doppelte.

Und falls es diese Tochter tatsächlich gibt, sei ihr auch an dieser Stelle alles Gute gewünscht!

Taxi, Taxi VII
Taxi, Taxi V
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Taxi, Taxi III
Taxi, Taxi II
Taxi, Taxi

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